Bericht des Landwirts K. R. aus Windischdorf (Slovenska vas) in der Gottschee.

Die Umsiedlungs-Propaganda unter den Gottscheer Deutschen; das Verfahren bei der Registrierung, der Vermögensübergabe und der Überführung der Umsiedler in die Untersteiermark Ende 1941; Vorgänge
bei ihrer Ansiedlung und die VerhäItnisse im Ansiedlungsgebiet, Partisanenüberfälle.


Die Evakuierung und Flucht der deutschen Ansiedler aus der Untersteiermark; Sammlung der Flüchtlinge in Auffanglagern nach Kriegsende und ihr Abschub aus den Sammellagern nach Österreich Ende Mai 1945.








Bericht des Landwirts K. R. aus Windischdorf (Slovenska vas) in der Gottschee.

Original, 6. März 1958, 16 Seiten, handschriftlich.

Die Umsiedlungs-Propaganda unter den Gottscheer Deutschen; das Verfahren bei der Registrierung, der Vermögensübergabe und der Überführung der Umsiedler in die Untersteiermark Ende 1941; Vorgänge
bei ihrer Ansiedlung und die VerhäItnisse im Ansiedlungsgebiet, Partisanenüberfälle.

Zu Beginn des Krieges zwischen Deutschland und Italien einerseits und Jugoslawien andererseits waren wir Gottscheer davon überzeugt, daß binnen kurzer Zeit unser Land von deutschen Truppen besetzt sein wird und wir
demnach in das Deutsche Reich eingegliedert werden. Die Enttäuschung war aber sehr groß, als an Stelle der deutschen die italienischen Truppen unser Land besetzten. Auf diese Wendung war meiner Meinung nach niemand
gefaßt.

Die ersten Nachrichten, daß wir vom Deutschen Reich umgesiedelt werden sollten, trafen ungefähr Ende Mai 1941 ein. Ich sowie auch der größte Teil der Gottscheer glaubten nicht daran, daß es Wirklichkeit werden sollte. Unser allgemeines und ganzes Streben war nur, der Scholle unserer Heimat treu zu bleiben, auch für die Zukunft. Es setzte ein großangelegter Propagandafeldzug für die Umsiedlung ein, der von Reichsangehörigen eingeleitet wurde, mit dem Ruf: Heim ins Reich.

Diese Propaganda unterstützten einige aus dem Kreise unserer Landsleute, die dann später als sogenannte Führer der Gottscheer fungierten, ohne eine Zustimmung des Volkes einzuholen.

Diese Personen waren ab 1939 zum großen Teil in der Hebung unserer Landwirtschaft tätig. - Diese Führer veranstalteten Zusammenkünfte in allen Teilen des Kreises Gottschee und machten der Masse die Umsiedlung
schmackhaft. An einer solchen Versammlung mit zahlreichen Teilnehmern, wo auch ich anwesend war, wurde von unseren Führern versprochen, daß wir in der neuen Heimat im Deutschen Reich schöne und modern eingerichtete Bauernhöfe erhalten werden. Man versprach uns auch, daß durch die Umsiedlung niemand einen Schaden erleiden werde, das Deutsche Reich bürge dafür. Die Höfe würden in Form und Wert des jetzigen Hofes gleichgestellt. Wir haben insofern eine Verbesserung zu erwarten, da der Boden in der neuen Heimat ertragreicher wäre als der unsere ist. Durch das feste Halten unseres Deutschtums will uns das Deutsche Reich in eine verbesserte Lage versetzen.

Das waren die ersten Kundgebungen. Es wurde uns aber verschwiegen, wo unsere neue Heimat im Deutschen Reiche sein wird. Wenn die Bevölkerung gewußt hätte, wo die neue Heimat sein wird, hätte sich meiner Meinung
nach niemand an die Umsiedlung angeschlossen, bis auf die Führer. Durch das rosige Versprechen unserer Führer wurde der größte Teil der Bevölkerung für die Umsiedlung begeistert. Diese Begeisterung sank jedoch in kurzer Zeit wieder, so daß ein großer Teil der Bevölkerung dagegen war. In einer anliegenden Ortschaft waren alle Bewohner gegen die Umsiedlung, ebenso auch ich. Ich ging an den Abenden öfters dorthin, und wir berieten uns. Wir alle waren der Meinung, es wäre besser, die Umsiedlung bis zur Beendigung des Krieges hinauszuschieben. Eines Tages kam dann ein Bericht, der die Gegner der Umsiedlung auch zur Niederlage brachte. Von wo dieser Bericht eingegangen ist, weiß ich nicht mehr genau. Meiner Meinung nach war es von einer amtlichen deutschen Verwaltung. Diese Bekanntmachung lautete: Das Deutsche Reich will sein Grenzgebiet mit seiner eigenen
deutschen Nation bevölkert haben. Desgleichen will auch Italien sein Grenzgebiet mit italienischer Bevölkerung besiedeln. Wer nicht nach Deutschland umsiedeln will, hat zu erwarten, daß er von der italienischen Regierung
nach Sizilien (Italien) umgesiedelt wird. Die meisten glaubten es. Somit haben sich dann auch die Gegner für die Umsiedlung entschlossen, in der Meinung, es wäre doch besser in Deutschland zu leben als in Italien. Auch ich habe mich dann angeschlossen, aber es blieb mir auch für weiterhin eine bedenkliche und riskante Angelegenheit.

Als die Führung sicher war, daß die Propaganda ihre Wirkung getan hat, begann man mit der Erfassung der Umsiedlungswilligen. Es wurden Fragebögen verteilt, in die man das zurückzulassende Vermögen eintragen mußte
und ebenso auch das mitzunehmende. In den Waldbesitzungen wurden die Holzstämme ab 20 cm Durchmesser erfaßt und nach Maß in den Fragebögen eingetragen. Ebenso wurden auch Haus und Hof ausgemessen und die
landwirtschaftlichen Geräte, Produkte und Vieh registriert. Die Erfassung des Vermögens wurde geteilt in das Mitzunehmende und in das Zurückzulassende. Es wurden unparteiische Männer aufgestellt, um die Güter nachzuprüfen und festzustellen, ob die Aufnahme richtig sei. Dann erfolgte eine Schätzung durch eine Schätzungskommission. Es wurde protestiert gegen die niedrige Schätzung des Vermögens, das man zurücklassen mußte. Aber unsere Führer versprachen uns, daß in der neuen Heimat die uns zugeteilten Höfe und Güter nach demselben Maßstab bemessen werden wie das zurückgelassene Gut.

Als die Umsiedlung im Oktober 1941 vorbereitet wurde, war die Stimmung teils froh, teils gedämpft. Denn es war klar, daß diejenigen, die nichts oder wenig hinterließen, der alten Heimat unbekümmert den Rücken kehrten, in der Hoffnung, daß sie in der neuen Heimat im Reich etwas Besseres zu erwarten haben werden. Die Grund- und Hausbesitzer verließen ihre Heimat aber mit gemischten Gefühlen, denn sie wußten nicht, was ihnen die Zukunft bringen wird. Ich sowie die anderen Umsiedler wußten noch immer nicht, wo unsere neue Heimat sein wird.

Dem Versprechen unserer Führer, mit dem Ruf: Heim ins Reich, vertrauten wir und glaubten, daß unsere neue Heimat im Deutschen Reich sein wird.

Als der Sonderzug für die Registrierung der Einwandererzentrale zirka den 20. Oktober 1941 in Gottschee eintraf, erfolgte die Registrierung der Umsiedler. In einigen hintereinanderfolgenden Tagen wurden an jedem Tage über 100 Familien registriert. Die ca. 50 Familien meiner Ortschaft betraten den Sonderzug hintereinander. Es dauerte einige Stunden, bis wir in den durchgehenden Abteilungen mit der Registrierung bis an das Ende des Zuges kamen. Der Reihenfolge nach, wie wir aus dem Zuge kamen, mußten wir uns in einem Warteraum bereithalten, bis alle zusammen waren. Wir gingen dann geschlossen zum Büro der DUT (Deutsche Umsiedlungs-Treuhand-GmbH) und stellten uns dort auf.

Der Reihe nach gaben die Umsiedler ihre Unterschrift, ohne daß man uns vorher aufgeklärt hätte, was man unterzeichnet. Es wurde bei der Unterzeichnung dafür gesorgt, daß die Unterschriften ohne Zwischenpausen
hintereinander erfolgten, und sie gaben den Umsiedlern keine Möglichkeit, einen Einblick in den Vertrag zu machen. Die Umsiedler waren in der Meinung, daß sie mit ihrer Unterschrift nur die Registrierung im Sonderzug unterzeichnet hätten. Erst in späterer Zeit kam es an die Öffentlichkeit, daß mit dieser Unterschrift auch die Überlassung von Haus- und Grundbesitz an die DUT erfolgt ist.

Im Unterzeichnungsbüro waren einige Beamte der DUT und zwei Beisitzende, Führer unserer Landsleute.

Bald nach der Registrierung wurde die Umsiedlung eingeleitet. Nachdem drei Transportzüge Gottschee verlassen hatten, setzte eine Pause ein. Diese ersten Umsiedler wußten beim Abgang im Transportzuge noch nicht, wohin
es ging. Erst als sie eintrafen, wußten sie, daß das die neue Heimat sei. Nach dem Eintreffen dieser drei Transportzüge in der neuen Heimat kam es dann einige Tage später auch im Kreise Gottschee an die Öffentlichkeit,
wo unsere neue Heimat ist. Viele glaubten es nicht und hielten es für unmöglich, daß es wahr sei.

Nach dieser Zwischenpause wurde die Umsiedlung mit dem Abtransport wieder voll eingesetzt. Die DUT stellte mehrere Lastkraftwagen zur Verfügung, die das Umsiedlungsgut zu den Bahnhöfen in der Stadt Gottschee und nach Mitterdorf brachten. Zum Teil wurden auch Pferdegespanne eingesetzt. Es verließen jeden Tag je ein Eisenbahntransportzug Gottschee und Mitterdorf.

Als es bekannt wurde, daß unsere Heimat im deutsch besetzten Gebiet von Slowenien sei, und zwar an der kroatischen Grenze, trat wiederum ein großer Teil Umsiedler als Gegner auf, trotzdem die Umsiedlung schon wieder voll im Gange war. Die Gegner suchten sich Auswege, aus der Schlinge herauszukommen, aber sie fanden keinen Ausweg mehr und mußten mit der Umsiedlung einverstanden sein. Es kamen mehrere Fälle vor, daß die Umsiedler ihr Umsiedlungsgut von der Bahnstation auf eigene Kosten in ihre Heimat wieder zurückbeförderten. Die Führung setzte sich in solchen Fällen gleich ein, um den Leuten einen Schreck einzujagen; sie teilten den Umsiedlern mit, daß sie nichts mehr besitzen, weder Haus noch Grund, ihr Besitztum ist in den Händen der DUT und die gibt diesen Besitz
nicht mehr zurück. Sie erklärten sich dann wieder als einverstanden, und das Umsiedlungsgut wurde zum zweitenmal auf die Bahnstation überführt.

Die Umsiedlung war meiner Meinung nach gut organisiert, um Stockungen zu vermeiden. Zuerst kamen die abgelegenen Dörfer am äußersten Rande des Kreises an die Reihe. Somit nahm der Anfang einen guten Verlauf.
Zuletzt kamen die Stadt Gottschee und Mitterdorf zum Abtransport.

Als ich an die Reihe kam, war die Aussiedlung fast beendet. Ich verließ meine Heimat Gottschee von der Bahnstation Mitterdorf mit dem vorletzten Transportzug am 9. Januar 1942. Der letzte Umsiedlertransport verließ
Gottschee um zwei oder drei Tage später. Außer dem Mobiliar und Geräten durfte ich nur eine Kuh mitnehmen. Drei Kühe mußte ich einen Tag vor meinem Abgang an die italienische Verwaltung abgeben. Volksdeutsche sind in meiner anwesenden Ortschaft zurückgeblieben: drei Familien und ein einzelnstehender Mann. Eine Familie mit drei Personen wurde im Jahre 1946 von dort ausgewiesen (nach Österreich zugezogen). Zwei Familien leben noch dort auf ihrem Besitz. Der einzelnstehende Mann lebt als Untermieter dort.

Als ich mit meiner Familie mit meinen Ortsangehörigen in Gurkfeld ankam, wurden wir dort von den Vertretern der
DAG (Deutsche Ansiedlungsgesellschaft) willkommen geheißen. Als Unterkunft für die erste Nacht wurden wir in den Behelfsräumen neben dem Bahnhof untergebracht. Nächsten Tag wurden wir registriert. Die DAG stellte uns Fahrzeuge zur Verfügung, die unser Umsiedlungsgut an Ort und Stelle brachten. Am späten Nachmittag kam ich
auf dem zugewiesenen Hof bei Rann an. Es war ein trostloser Anblick. Die Fenster und Türen waren in sehr schlechtem Zustand. In den Wohnräumen lag verwehter Schnee. In dem verwahrlosten Stall, wo ich meine Kuh
unterbringen sollte, war kein Platz. Ein Stall für drei Stück Vieh war mit fünf Stück besetzt. Zwei Stück wurden dann von der DAG aus dem Stall entfernt, damit ich meine Kuh unterbringen konnte. Am nächsten Tage mußte ich erst den Stall vom Sumpf befreien. Ich mußte dann auch die Betreuung der anderen drei Stück übernehmen. Heizmaterial war nichts vorhanden; für die erste Nacht habe ich drei Stunden die Öfen mit dem zusammengefegten
Mist vom Dachboden geheizt, aber die Räume blieben kalt, da sie schon längere Zeit nicht mehr bewohnt waren.

Der Winter 1941 / 42 war sehr kalt. Das nötige Brennmaterial war nicht vorhanden. Die Häuser, die die Umsiedler bezogen hatten, waren meistens in einem verwahrlosten Zustand. Die Gegend war ärmer als die in der Gottschee. Die Häuser und Höfe durchwegs in schlechterem Zustand als die, die wir verließen. Am meisten störte mich sowie auch die anderen die Tatsache, daß aus diesem Gebiete die einheimische Bevölkerung, Slowenen, zwangsweise ausgesiedelt wurde. Wie sollte man in diesen Häusern schlafen, die man den anderen Leuten weggenommen hat! Einige Einheimische blieben noch dort, die auf Grund ihrer kroatischen Bürgerschaft nicht ausgesiedelt wurden. -

Nun war es uns klar, warum man uns den Ansiedlungsort verschwieg.

Die Umsiedler bekamen für den Lebensunterhalt Fürsorgeunterstützung, insofern sie ein nicht hinreichendes oder kein Einkommen hatten. Diejenigen, die in der alten Heimat in einer staatlichen oder vertragsmäßigen Dienststelle waren, wurden vom Deutschen Reich in einen solchen Dienst wieder eingesetzt. Diejenigen, die vor ihrer Umsiedlung in ihrer alten Heimat Gottschee schon ein Ruhegehalt bezogen hatten, hat das Deutsche Reich ebenso auch in diesem Sinne übernommen. Ich sowie auch alle anderen bekamen die zustehende monatliche Pension oder Rente vom Deutschen Reich bis zur Flucht am 1. Mai 1945.

Die Häuser und Höfe, die wir zuerst zugewiesen bekamen, waren nur eine vorläufige Regelung. Die ganze Verwaltung und Betreuung der Höfe und des Viehes lag noch in den Händen der DAG. Anschließend, im Frühjahr 1942, wurde sämtlicher Grund noch von der DAG verwaltet und bearbeitet. Die DAG erfaßte alle arbeitsfähigen Umsiedler und setzte sie zur Arbeit ein und bezahlte ihnen einen ganz minderwertigen Lohn als Feldarbeiter. Die Vermessung und Zusammenstellung der Höfe war nun auch schon in vollem Gange. Die DAG erfaßte alle, die einen Anspruch auf einen Hof hatten, mit der Empfehlung, einen Hof anzunehmen. Die DAG hatte kein ausreichendes Druckmittel als Zwang, aber es wurde den Umsiedlern nahegelegt, einen Hof zu übernehmen. Viele waren in der Meinung, wenn
sie dieses Angebot ablehnen würden, verfällt das Recht auf die Zuteilung eines Hofes und man würde uns den zurückgelassenen Hof mit dem niedrigen Schätzungspreise ausbezahlen.

Im August 1942 wurde mit der Zuteilung der Höfe begonnen. Viele wollten den zugewiesenen Hof nicht annehmen, da er dem Wert des zurückgelassenen Hofes nicht entsprach. In einigen Fällen betrug der zugewiesene Hof kaum 1/3 des zurückgelassenen Hofes. Es wurde dann den Umsiedlern zugesichert, daß diese Übernahme nur vorübergehend sei. Die endgültige Zuteilung sollte erst nach dem Kriege erfolgen. Den stark Geschädigten gab die DAG die Empfehlung, sich selbst von den noch vorhandenen Höfen auszusuchen, welcher ihnen dann zugewiesen wurde. Der größte Teil fügte sich und nahm die Höfe an. Es blieb jedoch noch ein Teil, die den zugewiesenen
Hof nicht annehmen wollten.

Durch die Aufteilung der Höfe kam es zu einem teilweisen Druck für die Annahme der Höfe. Im allgemeinen wurden die Häuser, die man zuerst zugewiesen bekam, bei der nachträglichen Planung als Hofstellen vorgesehen. In vielen Fällen übernahm dann der Umsiedler auch den Hof seines bisherigen Wohnhauses. Es gab aber viele Fälle, daß ein anderer diesen Hof übernahm. Der bisherige Bewohner mußte dann dieses Haus verlassen. Wo sollte er jetzt eine Unterkunft finden? Die DAG besorgte ihm keine Wohnung mehr. Es blieb ihm in diesem Falle nichts anderes übrig,
als in ein verwahrlostes Haus einzuziehen, das nicht bewohnbar war, oder einen Hof anzunehmen. Es war bei mir auch derselbe Fall. Ich habe den zugeteilten Hof abgelehnt und habe dann die Hofstelle des mir zuerst
zugewiesenen Hauses übernommen, trotzdem daß der Wert kaum 1/3 des zurückgelassenen Hofes betrug. Es gab aber auch einige, die nichts übernehmen wollten. Diese Leute wurden in ein Lager nach Deutschland überwiesen. Erst im Lager erfuhren sie, daß sie als arbeitsscheue Menschen hier eingewiesen wurden. Im Lager hat es sich dann erst erwiesen, daß sie nicht arbeitsscheu seien, sondern nur, weil sie keinen Hof annehmen wollten. Als nicht schuldig wurden sie dann dort entlassen und kamen nach mehreren Monaten wieder zurück in das Ansiedlungsgebiet. Bei einigen, die in ihrer Heimat einen größeren Hof hatten und nichts Passendes fanden,
sorgte die DAG für eine Wohnung im Ansiedlungsgebiet, bis sich ein passender Hof finden würde.

Die Bewirtschaftung der Höfe ging gut weiter, und die Umsiedler lieferten ihr Soll von der Ernte vorschriftsmäßig ab. Als mir der Hof im Ansiedlungsgebiet in Munkendorf zugeteilt wurde, erhielt ich von der DAG ein paar Ochsen und eine Kuh. Ich bewirtschaftete den Grund sorgfältig, aber es war für mich und meine Familie immer ein unangenehmes Gefühl, in einem Hause zu schlafen, das man dem Eigentümer weggenommen hat. Im Frühjahr 1943 kam der ausgesiedelte Hausbesitzer aus Schlesien auf einige Tage Urlaub in seine Heimat. Die Wohnung hatte er für diese paar Tage bei einem ansässigen Kroaten, der nicht ausgesiedelt wurde, und ließ bei mir anfragen, ob er mich besuchen darf und sein Haus wiedersehen kann. Ich hieß ihn willkommen. Er hielt sich ein bis zwei Stunden bei mir
auf. Er berichtete mir, daß sein Sohn durch die schweren Folgen der Aussiedlung in Schlesien gestorben sei, und er hat ihn jetzt in seine Heimat überführt und hier beerdigt. Jedenfalls hat er die Hoffnung gehabt, in seine Heimat wieder zurückzukommen. Ich gab ihm dann ein Paket mit Lebensmitteln auf die Reise mit.

Im Jahre 1943 waren auch die Partisanen schon stark verbreitet und machten ihre Raubzüge. Meine Ortschaft war weniger gefährdet und hatte keine solche Besuche. Bei der Wache gegen Partisanenüberfälle wurden wir
zusammengeschlossen in eine Wachkompanie unter der Leitung der Gendarmerie. In den Zeiten, wenn Gefahr drohte, wurden wir gruppenweise der Grenzzollschutzwache zur Verstärkung der Nachtwache zugewiesen. An
einem sehr gefährdeten Stützpunkt in der Ortschaft Globocice konnte bei den ersten Raubzügen soviel Widerstand geleistet werden, daß sie mit einer kleinen Beute abziehen mußten. Nach dieser Zeit zog die Bevölkerung jeden
Abend in die anliegenden weniger gefährdeten Ortschaften. Die Wache betreute dann ihr Hab und Gut über die Nacht, und am frühen Morgen kamen sie wieder zurück. - Einige Monate später kam eine größere Gruppe Partisanen von mehreren hundert Mann, sehr gut bewaffnet, Mitte der Nacht an. Die Wache entdeckte sie gleich, wie sie die Ortschaft einschlossen, und bemerkte es, daß ein Widerstand unmöglich sei. Die Wache von 12 bis 14 Mann suchte sich ihre Schlupfwinkel, so gut sie konnten. Zwei Mann verkrochen sich sogar unter einen Schweinestall. Die Partisanen fühlten sich sodann sicher und kümmerten sich um die Wachmannschaft nicht mehr. Sie luden die Beute auf geraubte bzw. mitgebrachte Fuhrwerke auf. Das ganze Vieh, Pferde und Schweine nahmen sie mit in Richtung der kroatischen Grenze. Nach dem Abzug kam die Wachmannschaft mit dem Schreck davon. (In dieser Nacht war ich nicht dabei, ich hatte eine Nacht zuvor Wachdienst.)

Diese Umsiedler zogen dann in andere Dörfer um und gaben ihre Höfe auf. Diese Ortschaft wurde dann nicht mehr bewohnt und der umliegende Boden nicht mehr bearbeitet. Die Partisanen zeigten sich bei den Überfällen gegen die Bevölkerung harmlos, soweit ihnen die Bevölkerung nichts entgegenstellte. Es kam aber auch vor, daß aus unserem Kreise jemand mitgenommen oder abgeholt wurde und nicht wiedergekommen ist. Es waren nur Einzelfälle. Die Namen sind mir nicht mehr bekannt. Im Jahre 1944 waren wir alle schon der Ansicht, daß wir einer schlechten
Zukunft entgegengehen.


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Erlebnisbericht des Landwirts K. R. aus Windischdorf (Slovenskevas) in der Gottschee.

Original, 6. März 1958, 16 Seiten, handschriftlich.

Die Evakuierung und Flucht der deutschen Ansiedler aus der Untersteiermark; Sammlung der Flüchtlinge in Auffanglagern nach Kriegsende und ihr Abschub aus den Sammellagern nach Österreich Ende Mai 1945.

Nach seiner Darstellung der Umsiedlung der Gottscheer Deutschen Ende 1941 und der Verhältnisse im Ansiedlungsgebiet der slowenischen Untersteiermark berichtet der Verfasser weiter:

Anfang Februar 1945 wurde uns bekanntgegeben, Vorbereitungen für eine eventuelle Flucht zu treffen. Die Ochsen wurden beschlagen, Transportwagen mit einem Dach versehen, Bekleidung in Koffer und Kisten verpackt. Anfang März wurde alles schon vorbereitet für den Abmarsch, aber der Befehl zum Abmarsch kam nicht. Ohne den Befehl der Kreisleitung durfte niemand abfahren. Die angesiedelten Umsiedler kamen im April schon in eine verzweifelte Lage. Die meisten fühlten, daß eine Flucht mit den Trecks nicht mehr möglich sei. Aber die Kreisleitung versicherte uns immer wieder, daß es nicht verspätet sei und daß wir rechtzeitig den Befehl zum Abmarsch erhalten werden. Es ist sogar am 30. April noch eine solche Bekanntmachung ergangen. Die Schuld des verspäteten Abmarsches war angeblich bei der Gauleitung.

Vom 5. bis 7. Mai wurden Frauen mit kleinen Kindern mit der Eisenbahn abtransportiert. Am frühen Morgen, 8. Mai, kam dann der Befehl für den Abmarsch der Treckskolonne. Ich ging mit meiner Familie am 8. Mai, zirka 12 Uhr ab. Der Treck bestand größtenteils aus Ochsengespann, bis auf einige Pferdegespanne. Es ging sehr mühsam weiter, da die Straßen von den sich zurückziehenden Wehrmachtseinheiten überfüllt waren. Den ersten Tag konnten wir zirka 20 km machen, den zweiten Tag zirka 10 km. Am dritten Tage, 10. Mai, war die Straße so verstopft, daß man mit einem Gespann keinen Schritt weiter konnte. Zirka 12 Uhr verließen schon einige ihre Wagen und Gespanne. Auch die Wehrmacht verließ ihre Pferdegespanne und setzte sich im Fußmarsch weiter. Kraftwagen benutzten diese
Straße nicht. Nach 12 Uhr trafen dann auch schon Partisanen in der Nähe der Straße ein. Wir verließen unsere Ochsengespanne um zirka 17 Uhr. Wir nahmen nur die notwendigste Bekleidung, Wäsche und etwas Eßware mit
und setzten uns im Fußmarsch weiter über Steinbrück nach Cilli. Die Straße war so besetzt, daß man kaum durchkommen konnte in ganz langsamem Tempo. In einem anliegenden Gelände kämpften die Partisanen mit der noch bewaffneten kroatischen Wehrmacht (Ustascha). Durch diesen Kampf konnten wir entwischen. - Ein Teil der Umsiedler ist von den Partisanen nach Rann wieder zurückverschleppt worden und wurde von dort erst nach einigen Tagen wieder freigegeben, einige wurden auch zurückgehalten. Entlang unserer Marschroute sah man tote Menschen liegen.

Nächsten Tag, 11. Mai, kamen wir in Cilli an. Der Eisenbahntransport mit alten Leuten und Frauen mit ihren kleinen Kindern, der schon vor uns in Rann abgegangen war, stand auf einem Nebengeleise in Cilli. Als wir dort erfahren haben, daß keine Aussicht sei für die Weiterleitung dieses Zuges, gingen wir gruppenweise zu Fuß ab in Richtung Österreich.

In Krainburg wurden wir gruppenweise, so wie wir dort eintrafen, einige Tage festgenommen und in ein Barackenlager interniert. Zum Essen bekamen wir nichts, und der Hunger war schon sehr groß, da niemand mehr
eigene Eßware hatte. Als nun die Leute schon einige Tage nichts mehr zum Essen hatten, hieß es, daß wir Mittagessen erhalten werden. Anstatt des Mittagsessens kam um 11 Uhr der Befehl, alles antreten zum Abmarsch.
Die Abtransportkolonne wurde zusammengestellt, und wir marschierten auf die Straße. Dort warteten wir bis zum Abmarsch. Wir bekamen einen Transportführer und eine Krankenpflegerin zugeteilt. - Der Transportführer soll angeblich ein österreichischer Arzt aus einem Lazarett gewesen sein und ebenso auch die Krankenpflegerin. Nach einigen Stunden Wartezeit auf der Straße kam der Befehl zum Abmarsch. Als Begleitung wurden uns einige Partisanen auf Pferden zugeteilt. Die Abtransportkolonne bestand aus rund 1200 Gottscheern und 200 Personen anderer Nationalität, insgesamt 1400 Personen.

Mit leerem Magen traten wir unseren Fußmarsch an und wußten nicht, wohin es ging. Am zweiten Tage fühlten wir uns schon schwach, aber die Angst trieb uns weiterzukommen. Wir hatten Geld, aber es gab nichts zu kaufen. In einzelnen Fällen konnte man durch Betteln bei der ansässigen Bevölkerung neben der Straße etwas bekommen, aber Geld wollten sie nicht annehmen. Sie gaben es aus Mitleid. Größtenteils waren wir mehrere Tage ohne Essen. Auf dem Tagemarsch, wenn wir eine Rastpause hatten, kamen die Partisanen und raubten uns nach Möglichkeit aus. Das Geld hatten wir meistens getrennt aufbewahrt, auch in schmutziger Wäsche. Die Frauen wurden nicht so genau untersucht. Vielen wurden das noch vorhandene Geld und die Wertgegenstände von den Partisanen abgenommen.

Nach mehreren Tagemärschen sind wir in Begleitung der Partisanen in Cilli angekommen. Wir wurden dort in ein Barackenlager in einem Walde neben der Stadt Cilli untergebracht. Am zweiten Tag nach der Ankunft bekamen wir dort die erste Verpflegung, es war eine Krautsuppe als Mittagessen. Gegen Abend kam dann noch ein kleiner Transport unserer Landsleute dort an, die noch einige Pferdegespanne hatten. Es wurde ihnen alles abgenommen bis auf ein geringes Mitgepäck. Sie wurden dann an unsere Marschkolonne angeschlossen. Am darauffolgenden Tage kam der Befehl, in Marschkolonne um 8 Uhr für den Abtransport auf der anliegenden Straße bereitzustehen für den Abmarsch nach Österreich.

Bevor der Befehl zum Abmarsch erteilt war, wurden von der Marschkolonne alle Männer von 18 bis 40 Jahren aus der Abtransportkolonne herausgeholt. Es kam aber vor. daß auch jüngere und ältere Jahrgänge mit eingereiht wurden. Mein Sohn wurde auch mit eingereiht. Er war kaum 16 Jahre alt, es fehlten noch zwei Monate. Weder ich, noch er konnten etwas erreichen für seine Freiheit. Ich wandte mich dann an unseren Transportführer. Durch einen gelungenen Trick bekam er ihn frei. Unser Transportführer setzte sich sehr mühevoll ein und tat alles, was in seiner Macht lag, gegen die ungerechte Auswahl, aber er konnte nichts machen. Mit seinem gewagtem Trick gelang es ihm nur, zwei Jugendliche unter 18 Jahren freizukommen. Die Herausgeholten mußten zurückbleiben.

Unsere Transportkolonne wurde dann für den Abmarsch vorbereitet. Zwei Pferdegespanne wurden uns zugeteilt, zur Beförderung der nicht Marschfähigen. Wir setzten dann wieder zu einem mehrtägigen Marsch an, ohne Verpflegung, in Richtung Österreich, unter Partisanenbegleitung. Jeder mußte selber dafür sorgen, daß er soviel Eßware aufbrachte, daß er nicht verhungerte.

Nach mehrtätigem Marsch kamen wir über Unterdrauburg an der Grenze an. Dort wurden wir gegen Ende Mai von der englischen Besatzung übernommen und kamen in Lavamünd in Österreich an. Wir erhielten dann dort auch eine vorübergehende Verpflegung. Für eine vorübergehende Unterkunft wurden wir am darauffolgenden Tage mit mehreren Lastkraftwagen in ein Lager nach Eberndorf überbracht. Unser Transportführer (österreichischer Arzt) verließ uns, als wir über die Grenze kamen. Sein Wunsch und Pflicht war erfüllt. Durch seine übermenschliche Leistung, die er bei der Führung des Transports vollbrachte, kam er vollkommen erschöpft in Österreich an. Keiner aus unseren Kreisen hätte diese Kraft aufgebracht. Wir waren ihm alle sehr dankbar.

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